Dienstag, 18. April 2017



Hallo,
schön, dass Du wieder reinschaust!

Nachträglich wünschen wir Euch alle noch ein schönes Ostern und dass Ihr das selbige relaxt und geruhsam, mit vielen Ostereiern verbracht habt!

Wir sind inzwischen ein gutes Stück westwärts gekommen, genauer gesagt, ca. 5.500km näher am Sonnenuntergang. Aber der Winter hat das Land hier noch immer fest im Griff, die Nächte sind bitterkalt (was unser Schorsch so gar nicht mag, da brauchts am Morgen schon oft a bisserl Geduld, bis man ihn in Stimmung bringt!). Aber wir hatten untertags schon auch einmal 15 ° C!!!! Seit heute wissen wir aber definitiv, dass es doch an uns liegen muss! Eine Frau erzählte doch tatsächlich, dass es letztes Jahr schon ab Mitte März frühlingshafte Temperaturen hatte und heuer komischerweise der Winter so lange dauert. Kein Kommentar!!!! Momentan ists rundherum um uns weiß und zugefroren hier in Alberta.
Aber der Reihe nach! Von Halifax sind wir ja erstmal nordwärts bis rauf zum St. Lorenzstrom, dem wir dann südwärts bis nach Quebec entlanggefahren sind. Ein sehr schönes, sehr französisch anmutendes Städtchen, dass uns sehr gut gefallen hat. 




Weiter gings nach Montreal und Ottawa, die wir aber beide nur umfahren haben, da wir ja schon mal hier waren. Ja, und von da gings auf den Trans Kanada Highway, den befahren wir jetzt seit fast 3 Wochen und irgendwie scheint er kein Ende zu nehmen.
Wir haben heut die 4. Zeitzone überfahren (8 Std. hinter euch) und sind inzwischen in der 7. Provinz angekommen. Wobei man schon sagen muss, dass die östlichen Landstriche Nova Scotia, Quebec, New Brunswick und Ontario sehr schön und auch sehr abwechslungsreich und interessant fürs Auge sind, genau die Landschaft, die du dir unter Kanada vorstellst.




Birken- und Ahornwälder, Seen und Wasserflächen, Tundra soweit das Auge reicht – wie ja überhaupt hier alles Dimensionen hat, die einfach unbeschreiblich sind für uns Europäer! Diese Wasserflächen, die sich hier nordwärts des HWY bis zur Hudson Bay erstrecken, machen ein Drittel der globalen Süßwasservorräte aus!!!!
Und es ist hier ssseeeeehhhrrrr einsam. In Anbetracht dessen, dass dieses Land die zweitgrößte Fläche hier auf diesem Planeten sein Eigen nennt und nur 5 % der Fläche von Kanada besiedelt ist! Was sagt uns das???? Sollte jemand mal Dreck am Stecken haben, wäre Kanada definitiv angesagt. Da findet dich so schnell keiner!
Es gibt Tage, da fährst du 400 km und bist letztendlich durch drei Straßendörfer gekommen. Von was diese Leute hier leben, das erschließt sich einem nicht so genau.
Nach Ontario kommt dann Manitoba und Saskatchewan und von da ab wird’s platt, plätter geht’s gar nimmer! Da siehst am Morgen, wo du am Abend nach mehreren gefahrenen 100 Kilometern ankommst! Echt! Diese Ebene ist die Kornkammer Kanadas (eines der größten Getreideanbaugebiete der Welt), und reicht von Winnipeg bis zu den Rockies, über 3 Provinzen, über 1400km breit, man sagt auch „Meer aus Gras“ zu dieser flachen Endlosigkeit. Die Highway Eintönigkeit wird höchstens unterbrochen, von Erhebungen „like“ des Giesinger Berges (München), einer 20 ° Kurve oder ganz hie und da eine Kreuzung, ein Bahnübergang oder ganz selten von einer Stadt. Dergleichen haben sie ja nicht viel. Da wird der Tag dann schon lang und die Fahrt ermüdend und letztendlich langweilig.




Aber ich denke, die nächsten Tage kommen wir in die Rockies und wer mich kennt, weiß dass mir die Berge wesentlich lieber sind, als das Flachland. So, ich hab euch ja letztes Mal vorgewarnt, dass ich über Land und Leute schreib!!!

Wir haben uns inzwischen eingewöhnt und es hat sich eigentlich alles gut eingespielt. In Winnipeg fanden wir sogar einen offenen Campground, was uns die Möglichkeit gab, wieder alles auf Vordermann zu bringen, einschl. uns!

Winnipeg, Human Rights Museum

Ach ja, ein Highlight hätt ich schon noch zu erzählen. Das war noch in Ontario. Wir fahren morgens noch schnell beim Walmart vorbei, bisschen was einkaufen. Peter steht an der Kasse, ich pack ein, Peter wird käsweiß im Gesicht! „Was isn los?“ „Mir fehlt eine Kreditkarte!“ Ich: „Reg dich nicht auf, die ist wahrscheinlich im Schorsch“ War sie nicht!!!!!! Wir haben alles abgesucht. „MERDE“.
„Wann hast du sie denn das letzte Mal gehabt?“ „Gestern beim Tanken“. Die Rechnung war da, die Karte nicht. Ich kann euch sagen, der Tag war gelaufen! Wir haben versucht, dort anzurufen, ging natürlich nicht, warum auch immer! Was machen wir? Es gibt zwei Möglichkeiten – wir lassen die Karte sperren oder wir fahren zurück. Also sperren können wir sie immer noch lassen – wir fahren zurück! Der Typ an der Tanke hat ehrlich ausgeschaut, versuchte ich noch einen kleinen Trost auszusprechen. Also – back to the HWY.
Peter war relativ fertig und wer ihn kennt, weiß, dass er ja generell kein Plaudertäschchen ist, aber jetzt war es eine nonverbale Rückfahrt!!!! Was soll ich sagen, nach 3,5 Std wurden wir erlöst. Der „ehrliche“ Typ von der Tanke winkte uns schon mit der Karte, als wir ankamen. Da plumpste der Stein aber ganz tief! Vor Freude haben wir unsere Tanks gleich nochmals bei ihm gefüllt und Kaffee getrunken. Apropos Kaffee – der schmeckt uns hier sehr gut. Er ist nicht ganz so stark geröstet, wie bei uns, und deshalb auch nicht so bitter und besser verträglich – aber das nur am Rande vermerkt.
So, und damit der Peter wieder ein bisschen runterkam nach dem Schreck, hab ich meinen ganzen Mut zusammengekratzt und bin wieder zurückgefahren. Immerhin hat uns dieser Spaß 400 km Umweg gekostet, aber es ist ja nochmal gut gegangen!

 

Übernachtungsplatz in Ignace

Truckstop in Dryden, da hams gschaugt, de Grossn

Abends waren wir dann beide gerädert, der Peter wegen der Aufregung, ich vom Fahren!
Also, ihr seht, wir sind hier nicht nur zum Däumchendrehen, wir sind zur rechten Zeit auch ganz schön gefordert.
Hoffend, dass sich auch hier der Frühling bald durchsetzen kann, grüßen wir Euch aus dem fernen, winterlichen Kanada.

Machts gut!
Eure Conny und Peter